Dienstag, 3. Februar 2015

Einfach die Dinge beim Namen nennen!

Birte bringt es in ihrer Kolumne für das Magazin a Tempo einfach mal wieder ohne drum herum zu quatschen auf den Punkt. Ich liebe ja schon sehr lange ihre Kolumnen, eben wegen ihrer direkten Art und weil ich ganz oft hier sitze und dann beim Lesen denke  ... " Ja! Ja! VERDAMMT JAAAAAAAAAAA!!!"
In ihrer Kolumne im diesen Monat geht es darum das Sprache die Wirklichkeit nicht abschafft! 
Es geht um dieses ganze drum herum Gerede von dem geistigen Zustand eines Menschen! 

Ich kann dieses drumherum geschwaffel ehrlich gesagt auch nicht wirklich leiden.. aus dem Grund steht bei uns auch in der Info direkt was hier Sache ist! 

Es ist anstrengend in Gesprächen immer überlegen zu müssen ob man anderen Eltern im Gespräch damit auf den Schlips tretet wenn man von "geistig behindert" redet ... weil sie lieber z.B. den Ausdruck verwenden " Mein Kind lebt unter den Bedingungen der Trisomie21!" .. What? 
Kein Witz! Hab ich auch schon gehört..... ! Ich finde ehrlich gesagt, dass sich das sogar noch weit aus dramatischer anhört als einfach zu sagen: Mein Kind ist geistig behindert! Punkt! 
Denn damit können wenigstens alle Menschen was anfangen... bei anderer Beschreibung denken doch irgendwelche unwissenden dass das Kind unter irgendeiner schweren Krankheit leidet! 
"Leidet" da sind wir auch schon wieder beim nächsten Punkt! 
Auch wenn jetzt evtl einige mit Fusseln nach mir werfen! 
Ist es wirklich notwendig sich in Zeitungsberichten o.ä. jedesmal über dieses eine kleine Wort zu ärgern wenn über einen Mensch mit dem Down-Syndrom berichtet wird und es heißt " der/die leidet unter dem Down-Syndrom". Natürlich leiden die meisten Wortwörtlich NICHT am Down-Sydnrom! Aber man muss man jedes Wort immer auf die Goldwaage legen? Damit verändert man doch nichts! 

Also ich weiß ja nicht, mir ist meine Zeit viel zu kostbar mich über so etwas aufzuregen. Aber oft kommen welche ja dann damit das dort schon das Thema Inklusion anfangen würde! 
Sehe ich ehrlich gesagt überhaupt nicht so... bei Inklusion geht es darum den Menschen so anzunehmen wie er ist! Und da ändern auch reine Begrifflichkeiten doch nichts an dem geistigen Zustand eines Menschen? Und dieser Mensch wird doch  nicht nur dadurch auf seinen geistigen Zustand beschränkt! 




Ich sage doch auch mein Sohn ist geistig behindert! Aber beschränke ich ihn deswegen nur darauf? Garantiert nicht! 
Für uns ist Jerry viel mehr als geistig behindert! Wir schauen zu ihm hinaus, weil wir jeden Tag ganz viel Neues von ihm lernen dürfen. 
Jerry ist Jerry! Aber trotzdem gilt er in unserer Gesellschaft als geistig behindert! Und dieses X-Chromosom macht ihn eben auch geistig behindert! Auch wenn das Leben mit ihm wundervoll spannend ist, und natürlich l(i)ebenswert ist ... Aber trotzdem ändern wie schon gesagt andere Begrifflichkeiten rein gar nichts an der Tatsache das er eben nicht so schnell lernen kann wie andere Kinder. Das er sehr viel Routine und Unterstützung brauch. Das er jetzt mit fast 7 erst gaaaaaanz langsam 4 Wörter "sagen" kann! Das er bei weitem noch nicht trocken ist! Das wir hier am Tag 1000000000000000000000000000000 Mal Nein sagen müssen, und er es immer noch nicht versteht! Und diese Tatsachen brauch man doch in keinster weise schön zu reden! Es ist fakt! Es ist Realität! Und ich finde man sollte diese Realität einfach mal so annehmen wie sie ist! Erst dann kann auch Inklusion wirklich funktionieren! Der Grundgedanke ist doch " Es ist normal verschieden zu sein!" Dazu gehört auch, es zu akzeptieren dass das Kind oder der Menschen eben geistig behindert ist und dies auch so sagen zu dürfen!  
Stellt euch doch auch mal vor, wieviele wundervolle Menschen euch evtl. gerne ansprechen würden wenn ihr mit euren Kindern unterwegs seit. Menschen die vielleicht gar nichts mit dem Thema Behinderung zu tun haben, sie aber gar nicht wissen WIE sie euch ansprechen sollten eben aus Angst etwas falsches zu sagen? Diese Erfahrung hab ich auch schon gemacht! Stattdessen hat man mich dann lustigerweise bei Facebook gefunden durch einen Zufall und wurde dann dort angeschrieben, mit den ganz offenen und ehrlichen Worten das es schwierig in der Situation ist. Weil man eben nicht die passenden Worte findet, oder man Angst hat das der Betroffene diese Äußerung als "Verletzend" findet, obwohl das überhaupt gar nicht die Intuition war von dem Gegenüber! 

Und wie Birte auch schon sagt, vielleicht sollte man erstmal anfangen das Wort behindert aus anderen negativ Belastenden Zusammenhängen zu streichen! Und fangen wir doch am Besten dort, das Wort behindert nicht mehr als Schimpfwort zu nutzen! DAS wäre doch mal ein Anfang. Das wäre ein Ansatz! Und in diesem Punkt darf man sich dann auch aufregen, oder die Menschen evtl einfach mal höflich darauf hinweisen! Achtet doch mal in eurem Umfeld darauf, wie oft ihr das Wort "das ist doch behindert!" oder "bist du behindert?" hört! Ihr werdet staunen wenn man erstmal ganz bewusst darauf achtet! 
Die Gesellschaft muss lernen, das ein Mensch nicht als Minderwertig gilt, nur weil er "geistig behindert" ist! Und genauso müssen Betroffene lernen, sich nicht direkt angegriffen zu fühlen , wenn es heißt "dein/mein Kind ist geistig Behindert!" 



Liebst 
 die Nike 

6 Kommentare:

  1. Hab ich nun echt 2Mal gelesen, Dein Post. Super-toll !!!!
    alles Liebe
    Elisabeth

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  2. Liebe Nike,
    bei der Sache mit dem "leiden" bin ich schon kleinlich und hab das auch schon öfters kritisiert. Warum? Weil das "leiden" leider auch als Grund genommen wird, Babies mit Downsyndrom abzutreiben - um ihnen ein Leben zu ersparen, an dem sie angeblich eh leiden. Deshalb find ich es wichtig, dass diese Verbindung von Downsyndrom und "leiden" eben aus den Köpfen rauskommt.
    Ansonsten stimm ich dir völlig zu!
    Gruß, Ellie

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  3. *lach*
    Oooohhh Nike...
    Was für ein wundervolles Reizthema!!
    Was meinst Du wohl, wie viel dämliche Blicke ich schon geerntet habe, wenn es darum ging (und ja auch immer wieder geht) in Worte zu fassen, wie behindert Paul denn nun ist und ich ganz trocken sage: Kann er nicht können, der hat HIRNSCHADEN!!
    Als ob ich mein Kind weniger lieben würde, nur weil ich in der Lage bin zu sagen wie es ist?!
    Es geht ihm und auch mir komischerweise auch nicht schlechter damit, wenn man es anders nennt, aber das Gelaber zu erklären was man nicht sagen mag, das geht mir auf den Keks...

    Diese Inklusionskacke geht mir so auf den Senkel. Allein die tatsache, daß wir eine Vokabel brauchen um zu formulieren, daß wir Gutmenschen sind weil wir versuchen wollen auf BESONDERE (auch mein totales lieblingswort!!) Menschen mehr Rücksicht zu nehmen...
    So ein Scheiß!! Wenn Menschen ob behindi oder nicht einfach kapieren könnten, daß ALLE Menschen Individuen sind, die unterschiedlicher Behandlung bedürften hätten wir diese Sorgen gar nicht. Wenn - wie Du ja schon sagtest - "Behindert" einfach aussagen würde was es ist, nämlich, jemand ist eingeschränkt, und daraus eben resultieren würde, daß derjenige eben etwas mehr Unterstützung benötigt...

    Und warum kann der Kindergarten nicht Behinderten-Kindergarten heißen? Warum ist das eine heilpädagogische Einrichtung? Die Pädagogik wird da nicht geheilt. Warum haben die Menschen solche Angst vor diesen Begrifflichkeiten?
    Warum geht Paul jetzt auf ein "Förderzentrum für geisige Entwicklung" statt auf eine Behindertenschule? Ich meine, Augen auf: da sind echt alle Behindert. Ich meine so richtig - nicht nur Räder unterm Arsch. Und das Schärfste: mein Kind auch! Guck an...

    Toll ist, wenn jemand fragt: "Was hat er denn?" Natürlich mit gesenktem Blick und sehr betroffen. Der hat gar nix, der ist behindert! Wenn er was hat, dann heißt das Masern oder Schnupfen oder so.

    Was mich nach wie vor total erstaunt, ist diese Scheu vor sinnvollen Begrifflichkeiten bei Menschen die vom Fach sind. So wie der Typ, der letztes Jahr das sonderpädagogische Gutachten erstellte, aus dem dann hervorgehen sollte, wie förderbedürftig Paul denn nun ist, saß vor mir und druckste herum... "Wie ist Paul denn zu seiner - äh - Beeinträchtigung gekommen..." Ich hab gedacht mein Schwein pfeift!
    Unfall, SHT - das was der Schumi grad so hat. Hirnschaden. Häßliches Wort. Ist ja auch ne blöde Sache. Und?

    Rah!!
    Aber auch in anderen Lebensbereichen. Man sagt lieber, das Kind ist motorisch nicht so entwickelt als "zu fett und unsportlich" - als ob die linguale Verpackung den Umstand verschleiern könnte??

    Es ist eigentlich wirklich schade, denn gerade die deutsche Sprache mit ihrer großen Zahl an unglaublich aussagekräftigen Termini ist doch so geeignet dafür Dinge beim Namen zu nennen - und daraus, nur daraus kann Verständnis resultieren.

    Und dann gibt es glücklicherweise auch welche, die sagen wie es einfach ist. So Jonas über seinen Bruder als er fünf war: "Mein Bruder hat den Kopf gebrochen, aber das sieht man jetzt gar nicht mehr und ein bißchen bihindert (o-Ton) ist ja auch nicht so schlimm." <3

    Drück Dich!
    Mel

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  4. Du hast wieder viele wundervolle Worte gefunden, für etwas das im Grunde sehr einfach sein kann. Da bewundere ich unsere Kinder so sehr. Sie sehen und fragen frei heraus .....sie wachsen mit Dingen auf und akzeptieren....einfach so!!! Wir Erwachsene bringen das Negative in ihr Leben. Wir belegen Worte negativ und sie übernehmen. Aus Unwissenheit, weil sie uns glauben. Ich stimme Dir zu, dass Inklusion erst dann anfängt, wenn wir jeden nehmen wir er ist. Jeder ist anders, aus den unterschiedlichsten Gründen, aber jeder ist liebenswert und so wie er ist perfekt! Unser Sohn liebt seine Schwestern die durch traurige Umstände beide geistig behindert sind. Er fragte mich letztens als ich ihm einiges dazu erklärt habe: aber lieb hab ich sie trotzdem!!!!
    Er nimmt es an und hinterfragt nicht. Er liebt die Menschen nicht die Hülle!
    Und was das Leiden angeht....wir sehen es bei unseren Mädels. Sie leben in ihrer kleinen eigenen Welt, ab und zu erlauben Sie sich eine Verbindung in unsere Welt....aber was das wichtigste ist: sie sind glücklich und werden geliebt!

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  5. Liebe Nike,
    wie recht Du hast! Besser hätt ichs auch nicht ausdrücken können. :-) Schön, dass ich auf Deinen Blog gestoßen bin, ich hab auch ne Maus mit der Doppeldiagnose Down-Syndrom und Autismus zuhause. Sehr liebenswert aber auch sehr dickköpfig. Ich finde uns in vielen Deiner Beschreibungen wieder. Euch alles Gute und macht weiter so, Simone

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    1. Huhu... danke für dein kommentar :)
      Ach echt? Das ja interessant :) ...wie alt ist sie denn? Du kannst mir auch gerne mal per Email schreiben :) find es immer wahnsinnig interessant andere mit der Doppel-Diagnose kennenzulernen :)
      (Ich habe übrigens auch bei Facebook, falls du dort sein solltest, auch eine Gruppe eröffnet nur für diese Doppeldiagnose :) " Down-Syndrom Plus Autismus"

      lg Nike

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♥ Und jetzt bist du dran ..♥ Danke dir für deine Worte..